Galerie Beatrice Brunner
  

Hündchen (aus der Serie Auszeit), 2013, Aquatinta, Kaltnadelradierung und Digitaldruck, 60 x 45 cm, Auflage: 3


Patricia Schneider

*1974 in Bern, lebt und arbeitet in Bern

Die Werke von Patricia Schneider zeichnen sich durch einen fokussierten Blick auf alltägliche Dinge aus, die wir oft nicht wirklich wahrnehmen. In ihren Arbeiten lotet die Künstlerin die technischen Möglichkeiten der Grafik konsequent aus, wobei sie meist von einer digitalen Fotografie ausgeht, die sie mit aufwändiger Aquatintatechnik  und neuerdings mit einem Lasertiefdruckverfahren kombiniert.

Zwischenwelten verschiedener Zeiten und Räume sind ein zentrales Moment im Schaffen von Patricia Schneider, auch in ihrer jüngeren Serie Auszeit von 2013. Die sämtlich mit weissem Tuch verhüllten Möbel und Objekte entspringen einer realen Situation des vorübergehenden oder dauerhaften ‘Einmottens’ eines Interieurs. Der Raum tritt in eine Auszeit, eine Ruhephase. Gleichzeitig mutieren die Einrichtungsgegenstände zu sonderbaren Gestalten und Landschaften, deren Faltenwürfe durchaus lebhaft wirken. In der Spannung zwischen Stillstand und Bewegung, Ableben und Aufleben liegt ein besonderer Reiz der vorgefundenen Situationen – wie auch in den Enthüllungen vor dem inneren Auge, wozu die Bildtitel konkrete Anhaltspunkte liefern. Der Austritt aus der Zeit wird zum Ausscheiden aus der unmittelbaren Gegenwart. Gewöhnlich Fassbares wird in einen Schwebezustand versetzt: Explizit zeigen dies beispielsweise die eingewickelten Kronleuchter, deren Aufhängung an der Decke ausserhalb des Bildausschnitts liegt. Vage zeichnet sich ab, was verschleiert wird: Möglicherweise nicht bloss Möbel, Leuchter und Statuetten, sondern auch tragische Begebenheiten, welche die Räume unbenutzt werden liessen. Im Gegenzug suggerieren Leuchter, Gemälde und Skulpturen ein glamouröses Ambiente, erinnern an Festsäle, wo zu Banketten oder Bällen geladen wird. Wie schon frühere Arbeiten der Künstlerin mit Motiven des urbanen Aussenraums, haben die Interieurs eine filmische Wirkung, die unter anderem an Bilder des amerikanischen Realismus erinnern, beispielsweise an Gemälde von Edvard Hopper. Durch Überlagerung alter und neuer Drucktechniken wird geradezu eine Ähnlichkeit mit der Körnigkeit alter Foto- oder Filmaufnahmen erzeugt, wobei die Künstlerin Inkjet-Prints von Fotografien mit subtilen Schattierungen in Aquatinta überdruckt.

Für ihre jüngste Bilderreihe Details (2015) kombinierte Patricia Schneider die Fotoausdrucke erstmals mit neuartigen Lasertiefdrucken, die erstaunliche Ähnlichkeiten mit der klassischen Aquatinta aufweisen. Mithin wird darin ihr Interesse an Techniken zwischen Innovation und Tradition evident. Phänomene des Übergangs, der Zwischen-Räume und des Kippmoments verschiedener Lebensabschnitte waren auch ausschlaggebend für die Motive der Serie. Durch ihre Wahl von Bildausschnitten brachte sich die Künstlerin gewissermassen selbst in die Aufnahmen der Interieurs mit ein, die aus dritter Hand stammen. Beim Blick unter einen Bürotisch, auf eine Bettdecke oder ein vage zu erkennendes Plüschtier werden zwar intime Eindrücke und Indizien von Wohnräumen angedeutet, dennoch lässt sich von ihnen nicht eindeutig auf die Personen schliessen, welche darin leben. Manche Details sind bis zur Unkenntlichkeit vergrössert und wirken abstrakt. Wiederum sind die subjektive Deutung und das eigene Bildergedächtnis gefragt, das traumähnlich unterschiedliche Zeit- und Raumschichten, Erlebnisse und Ereignisse, wachzurufen vermag.

Marc Munter, Auszug aus dem Text zur Ausstellung von Patricia Schneider und Susana Jodra in der Galerie Béatrice Brunner, 2015

Website der Künstlerin: www.patriciaschneider.ch

 
   
Galerie Béatrice Brunner

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Samstag / Saturday 12 - 16 Uhr / 12am-4pm

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Freitag & Samstag / Friday & Saturday 13 – 18 Uhr / 1 - 6 pm